Die Konstruktion der Jurte ist ebenso einfach wie genial. Aus Weiden oder anderem biegsamem Holz gefertigte Scherengitter, deren einzelne Streben nicht mit Nägeln, sondern mit Lederstreifen zusammengehalten werden, bilden die Jurtenwand, die in jüngster Zeit oft auf einem Holzfußboden sitzt. Die Latten lassen sich scherenartig zusammendrücken und nehmen beim Transport nur wenig Platz ein. Stellt man eine Jurte auf, so zieht man die Gitter kreisförmig auseinander und läßt nur für den Türrahmen Platz. Man befestigt die stehenden Lattengitter mit Schnüren. Der Durchmesser der Jurte richtet sich nach der Zahl der verwendeten Scherengitter. Die einfach gehaltene, alltägliche mongolische Jurte besteht aus vier Scherengittern.
Abhängig vom Durchmesser der Jurte erhebt sich genau in der Mitte der Jurte auf zwei etwa 2 bis 3 m hohen Säulen der Dachkranz. Sein Durchmesser beträgt 1, bis 2 m. Am äußeren Rand sind quadratische Öffnungen eingearbeitet. Im Zentrum des Dachkranzes ist ein Seil befestigt, das nur von Bedeutung ist, wenn die Jurte bei Sturm einzustürzen droht. Dann wird an diesem Seil etwas Schweres, z. B. ein großer Stein, ein Sack Mehl, eine Holztruhe oder ähnliches, befestigt und der Jurte dadurch zusätzliche Stabilität verliehen.
Die Verbindung zwischen dem Scherengitter und dem Dachkranz bilden Dachstangen. Sie werden bei der Montage oben in die Aufnahmeöffnungen des Dachkranzes geschoben und unten mit Lederriehmen mit dem Scherengitter verzurrt. Die Zahl der Dachstangen hängt von der Anzahl der Scherengitter ab. Der Steigungswinkel beträgt ca. 30°. Mittelalterliche Zeichnungen stellen die Jurten z.T. mit wesentlich steilerem Dachwinkel dar. Solche Spitzdachjurten haben sich bis heute bei den Kirgisen gehalten, sie trotzen aber dem Wind wesentlich schlechter als die flachen Jurten der Mongolen. Jede Jurte ist also ein Kompromiß zwischen dem Wunsch nach viel Wohnraum und der Notwendigkeit, dem Wind trotzen zu müssen. Die Regel ist ganz einfach: je größer die Jurte wird, desto schwieriger ist sie zu stabilisieren und im Winter auch zu heizen.
Eingelassen in die Jurtenwand ist eine gerahmte Hotztür, die immer nach Süden schaut. Der Türrahmen wird mit zwei Anschlußgittern fest verbunden und um die im Kreis stehenden Gitterwände werden nochmals zwei Seile zur Stabilisierung gezogen. Früher bildete die Türöffnung nur ein dickes Stück Filz. Auch auf dem Türrahmen liegen Dachstangen auf.
Über das auf diese Weise entstandene stabile und dennoch elastische Holzgerüst werden Filzmatten gespannt und je zwei Kamelhaarseilen umschnürt. Bisweilen wird auch erst, um den grauen Filz zu verdecken, dünner Leinenstoff darüber gezogen. Eine Lage Filz ist etwa 3 cm dick und hat die Isolierfähigkeit einer 6 cm dicken Ziegelwand. Im Winter werden über die Jurte 3 oder gar 4 Lagen Filz gespannt.
Im Sommer werden die Jurten nur mit einer Lage Filz belegt und die unteren Ränder hochgeschlagen, damit der Wind durch die Jurte streifen kann und so ein angenehmes Raumklima entsteht. Im Winter wird am unteren, äußeren Rand des mehrmaligen Filzüberzugs noch ein zusätzlicher Abschluß zur Erde aus Holz, Sackleinen oder anderen Materialien befestigt. Solange der Jurtenofen geheizt wird, herrscht in der Jurte eine angenehme Wärme, die freilich alsbald nachläßt, wenn das Feuer erlischt.
Die äußere Hülle der Jurte bilden heute Leinenstoffe, die ansonsten zur Herstellung von Zelten oder Lastwagenplanen dienen. Sie lassen sich leicht waschen und schützen den Filz zusätzlich vor Regen. Das Ganze wird außen mit aus Pferde- und Yakhaaren geflochtenen Seilen fest verzurrt. Über den Dachkranz wird ein weiteres in Leinen eingeschlagenes Filzstück gezogen, mit dem in der Nacht oder bei Regen die Dachöffnung geschlossen werden kann. Tagsüber wird der Bezug in Dreiecksform zurückgezogen. Mitunter werden die Jurten heute an der Innenseite der Wand auch noch einmal mit Stoff verkleidet, das die Scherengitter verdeckt.
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