Fazit

Unsere Auseinandersetzung mit den beiden regionalen Agenda - Prozessen "Starkenburg" und "Lausitz-Spreewald" gab uns ein Problem auf: Es zeigte sich, daß die Bewertung der beiden Agenden, insbesondere deshalb so schwer ist, da ganz unterschiedliche Voraussetzungen diesbezüglich bestehen. Kennen wir die Region Lausitz-Spreewald aus eigener Anschauung, als unsere Region, so mussten wir uns bei der Bewertung der Starkenburger Agenda allein auf Printmedien und das Internet als Informationsquelle verlassen. Auch die Problematiken der beiden Regionen sind sehr verschieden:

In der Lausitz-Spreewald Region war nach der Wende eine komplette Neuordunng der planerischen Administration notwendig, landschaftliche Zerstörung und ökonomischer Niedergang standen Erneuerung, Investition und gesellschaftlichem Umbruch gegenüber: Neuland für die regionale Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft. Rechtliche Unsicherheit und Umwandlung von Staats- in Privateigentum beschäftigten die potentiellen Agenda-Akteure. Und nicht zuletzt die kapitalistische "Wer zuerst kommt mahlt zuerst" - Maxime schien neben dem Pflichtprogramm kaum Raum für die Kür namens Agenda zu lassen.

Demgegenüber stand die Regionale Agenda Starkenburg. In einem administrativ festgefahrenen Gebiet, daß vergleichsweise wenig unter wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Problemen leidet, ging es hauptsächlich darum, drei verwaltungstechnischen Randlagen eine gemeinsames Forum zur Kommunikation und Kooperation zu schaffen. Die dazu unternommenen Anstrengungen wurden wissenschaftlich durch die im Agendagebiet befindliche Universität Darmstadt begleitet und dokumentiert .

Aufgrund dieser unterschiedlichen Ausgangssituationen haben sich auch die Agendaprozesse unterschiedlich entwickelt. In der Region Starkenburg fand während des Agenda - Prozesses eine vertiefte Kommunikation zwischen den regionalen Akteuren statt. Der Agenda - Prozess in der Region Lausitz - Spreewald diente eher der Findung eines neuen regionalen Leitbildes und regionaler Gemeinsamkeiten.

Als Merkmale der Starkenburger Agenda treten besonders die extrovertierte Haltung und die Vernetzung der beteiligten Nachbarkommunen hervor. Der lokale Agenda - Gedanke hatte sich hier schon etabliert. So entstand der regionale Agenda - Prozess auch aus dem vielfachen lokalen Willen zur Teilnahme am Wettbewerb "Regionen der Zukunft". Unterschiedlichste lokale Akteure fanden sich zuammen zu einem neuen Forum der regionalen Kommunikation.
Die Grenzlage der Region zwischen Rheinland - Pfalz, Hessen & Baden - Württemberg wurde aufgeweicht und aus den drei Kommunen in Randlage entstand eine Region, die gemeinsam die Möglichkeit hat überregional zu agieren. Mit einem Minimum an Institutionalisierung und ohne gesetzlichen Zwang findet eine erfolgversprechende Entwicklung auf regionaler Ebene statt.

Eine andere Herangehensweise ist bei der Agenda Lausitz - Spreewald kennzeichnend: Die Selbstfindung steht im Vordergrund des Bemühens der neuen Region um eine Etablierung im Einzugsgebiet der Metropole Berlin und der Randlage innerhalb der EU. Entsprechend introvertiert ist der Agenda - Prozess im Vergleich zu Starkenburg. Zwar entstehen Konzepte die über die Grenzen der Region hinaus reichen, aber die administrativen Grenzen bleiben unangetastet. Wirtschaftliche und soziale Probleme stehen im Vordergrund. Der Agenda - Prozess ist nach der gescheiterten Länderfusion "von oben" verordnet und wird dementsprechend ausgeführt.
Die regionale Agenda Lausitz - Spreewald bietet der Region die Chance zum Aufbau eines regionalen Netzwerks und fördert die Kommunikation unter den Akteuren. Auf dieser Basis kann sich eine regionale Identität entwickeln, die von den Beteiligten in ihrem Leitbild so formuliert wurde:

Die Region Lausitz-Spreewald ist eine wichtige innovative Energieregion mit bedeutenden Unternehmensstandorten und bekannt als deutsch-polnische Bildungsbrücke. In der vom industriellen Umbruch geprägten Region werden die touristischen Attraktionspotenziale vernetzt und mit den Schutz des Naturraumes in Einklang gebracht.

Die Organisation der Regionalforen und deren Institutionalisierung bieten wohl die größten Chancen für die Region sich zu entwickeln und sich eine Identität zu schaffen, die überregional bestand hat. In Zukunft könnte die IBA Fürst-Pückler-Land die Funktion dieser Regionalforen weiterführen und dann vielleicht auch jenseits der administrativen Grenzen der Region Profil verleihen.

Fraglich ist ob der integrative Ansatz tatsächlich die neuen Netzwerke der Kommunikation und Zusammenarbeit geschaffen hat, die gewünscht waren - insbesondere seit vor kurzem offensichtlich wurde, wie stark alte Stasi-Seilschaften noch heute Einfluß auf Wirtschaft und Politik nehmen.